Schichtlüftung in Industriehallen

Teil 1: Bewertung der Luftquallität im Schichtlüftungsbetrieb

L. Michalak | Rinke GmbH
V. Viereck & B. Müller | Universität Kassel

Einleitung

Um einen Schichtlüftungsbetrieb zu realisieren, wird im unteren Hallenbereich die Zuluft impulsarm eingebracht, sodass sich verschiedene Luftschichten bilden. Thermikluftströmungen werden durch spezielle Maschinen, die eine spezifische Leistung an die Umgebung abgeben, erzeugt, um Wärme- und Stofflasten zu emittieren. Diese werden in den oberen Hallenbereichen abgeführt, wodurch der Arbeitsbereich in Bodennähe weitgehend unbelastet bleibt. Nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern auch Energie wird eingespart, was ökologische und ökonomische Vorteile mit sich bringt.

Neben der thermischen Behaglichkeit ist die Innenraumluftqualität ein entscheidendes Bewertungskriterium für eine gute Lüftung. Sie umfasst alle nichtthermischen Wirkungen der Raumluft, die auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen Einfluss nehmen können.

Zur Analyse der thermischen und stofflichen Luftschichten sowie zur aktiven Schichtregelung werden Messsäulen eingesetzt, die in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel entwickelt wurden. Diese Messeinrichtungen nehmen die vertikale Temperatur- und Stoffverteilung kontinuierlich auf.

Die Untersuchungen mittels der Messsäulen beziehen sich nur auf die chemischen & thermischen Faktoren der Luftqualität. Biologische Faktoren, wie Pilze und Bakterien, werden in der Regel über Probenentnahme im Labor ausgewertet und können daher nicht kontinuierlich erfasst werden.

Schema Schichtlüftung
1) Messsäule,  2) schadstoffbelastete Luft,  3) schadstoffarme Luft

Methode

Um nachzuweisen, wie sich die Luftqualität im Schichtlüftungsbetrieb verhält, wurden die Messäulen so eingesetzt, dass sie eine Verteilung von Temperatur und Schadstoffen über eine Höhe von 0 bis 4 Metern erfassen können. Ziel ist es zu demonstrieren, dass durch den Einsatz von Schichtlüftung die Luftqualität im Arbeitsbereich nachweislich besser ist als im Rest der Halle.

Da in der Industrie eine Vielzahl von Schadstoffen auftreten und diese nicht alle gleichzeitig messtechnisch erfasst werden können, orientierte sich die Auswahl der Sensoren an der VDI 6022 Messtechnische Erfassung von Schadstoffen (Beurteilungsstufe 2).

Insgesamt erfasst die Messsäule alle 15 Sekunden 64 Messwerte (ca. 370.000 Messwerte pro Tag).

Messgrößen & Messstellen der Säule über 4 Meter:

20 x Temperatur                                                                    alle 20 cm
20 x relative Feuchte                                                             alle 20 cm
16 x Flüchtige organische Verbindungen (TVOC)             alle 20 cm*
4 x Staub (PM10, PM 2,5)                                                      alle 100 cm
4 x Kohlenstoffdioxid (CO2)                                                  alle 100 cm
*Keine TVOC Messung an der Stelle des CO2-Sensors

Resultate

Die Messungen erfolgten in einer Produktionshalle während des regulären Betriebs. Die Ergebnisse wurden grafisch aufbereitet. Die Höhe der einzelnen Sensoren ist auf der vertikalen und die Zeit auf der horizontalen Achse abgebildet. Der jeweilige Messwert wurde über eine entsprechende Farbskala als Farbverlauf dokumentiert. Dabei weist bei den Schadstoffen eine rote Färbung auf eine bedenkliche Konzentration hin.

Die Grafiken zeigen, wie durch die Zufuhr thermischer Lasten die Temperaturspreizung zwischen Boden und Decke kontinuierlich zunimmt, was auf eine stärkere thermische Schichtgrenze hindeutet.
TVOCs, die während der Produktion entstehen, werden ebenfalls durch die thermische Schichtbildung beeinflusst und daran gehindert, sich im Arbeitsbereich zu verteilen. Je ausgeprägter die Schichtgrenze, desto intensiver die Trennung des Arbeitsbereiches.
CO2 wurde durch Personal emittiert und ist aufgrund der Hallengröße (m³/Person) unbedenklich. Dennoch ist auch hier aufgrund der Luftführung keine homogene Schadstoffverteilung, sondern eine erhöhte Konzentrationsbildung über dem Arbeitsbereich zu erkennen.
Auch die Staubbelastung war während der Messungen unbedenklich. Es ist zu erkennen, dass auch hier keine homogene Raumbelastung vorliegt, sondern dass sich die Partikel vermehrt oberhalb des Arbeitsbereichs sammeln.

Messsäulenelement (1 Meter) - Sensorkammern alle 20 cm - Bis zu 4 Säulenelemente à 1m lassen sich miteinander verbinden

Diskussion & Fazit

Die Messungen wurden in unterschiedlichen Industrie-bereichen über mehrere Wochen durchgeführt.

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Luftqualität je nach Gewerbe und lokalem Standort der Säulen sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Viele Emissionsquellen verhalten sich deutlich instationär (siehe TVOC Verteilung), so dass sich weder eine zeitliche noch eine örtliche homogene Luftqualität einstellt. Diese Erkenntnis zeigt, dass herkömmliche Einzelmessungen, welche nur über kurze Zeiten und in einzelnen Höhen stattfinden, keine repräsentativen Ergebnisse zur allgemeinen Luftqualität einer Industriehalle liefern können.

Die Messsäulen sind eine gute Methode zur Visualisierung des vertikalen Temperaturprofils und der Schadstoffverteilung über die Zeit.

Durch die Betrachtung des Zeitverlaufs ist es möglich, zu beurteilen, wie schnell Schadstoffe durch die Lüftung abgeführt werden können. Diese Betrachtungen helfen dabei, den Luftwechsel und die Anfahrzeit von Hallenbelüftungen zu optimieren und Erfassungs-einrichtungen zur lokalen Schadstoffabfuhr optimal auszulegen.

Der Einsatz der Messsäulen ersetzt nicht die vorgeschriebenen Gefahrenstoffmessungen nach TRGS zur Überwachung von Arbeitsplatzgrenzwerten. Die Säulen können jedoch effektiv zur Untersuchung der Schadstoffverteilung eingesetzt werden und Prüfenden helfen, Ort und Zeitpunkt für Grenzwertmessungen zu bestimmen.

Literatur: VDI 6022 Blatt 3, TRGS900, TRGS402, A. Keune 2015 (ISBN 978-3-410-24835-4), M.Schäfer 2013 (ISBN 978-3-86219-525-1), H.Recknagel 2015 (ISBN 978-3-8356-7136-2)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.